Wie ich als Introvertierte zum Thema Liebe stehe

14. Feb.

*Wie geht es mir als Introvertierte mit dem Thema Liebe?*

Amor, bei mir musst du deine Pfeile nicht mehr verschießen. Ich bin eine Introvertierte, die schon glücklich unter der Haube ist. Aber wie geht es mir als Introvertierte mit dem Thema Liebe? Und wie äußert sie sich in Freundschaften, Familie und der Partnerschaft?

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Ihr wisst mittlerweile, dass ich als Introvertierte anders ticke als meine extrovertierten Mitmenschen. Dementsprechend sind natürlich auch meine Beziehungen anders. Aber wie kommt mein wählerisches, aufmerksames und doch sensibles Wesen mit der Liebe zurecht? Eine komplexe Frage, denn je nach Beziehung ist sie anders.

Im Folgenden erzähle ich euch von meinen Eindrücken, wie ich als introvertierter Mensch mit der Liebe in Freundschaft, Familie und Partnerschaft umgehe.

Wie ich mit Introversion die Liebe erlebe und sehe

Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht viel von oberflächlichen Gesprächen halte und nicht gerne im Mittelpunkt stehe — außer mit meiner Arbeit ;-). Genauso gerne lasse ich aber das Offensichtliche beiseite und konzentriere mich viel lieber auf die wichtigen und wesentlichen Dinge im Leben.

Ich muss oft Zeit allein verbringen. Ich wäre glücklich, wenn ich einmal von Samstagabend bis Montagmorgen allein in meinem Apartment wäre. So tanke ich wieder auf.
- Audrey Hepburn

Das ist auch einer der Gründe, warum ich mir früher mit flirten, Partys besuchen und dort mit Leuten, die ich nicht kenne, Gespräche führen, schwer tat. Ich wurde immer schnell müde, wenn ich versucht habe, soziale Kontakte zu knüpfen. Nach solchen Situationen musste ich immer meinen Akku aufladen. Die Zeit der Einsamkeit habe ich sehr geschätzt. Aber in der Zeit unternahmen damalige Freunde weiterhin gemeinsam Aktivitäten, von denen ich öfter fern blieb. Für die damaligen Freundschaften ein Nachteil, weil ich schnell als Mauerblümchen abgestempelt wurde.

Aus meiner Jugendzeit habe ich gelernt. Ich weiß mittlerweile, in welchem Umfeld ich mich bewegen kann und wie ich möglichst batteriesparend mit anderen Menschen in Verbindung treten kann.

Wenn ich liebe, dann sind für mich kurze, intensive Augenblicke kostbar und Gespräche von Angesicht zu Angesicht — und auf Augenhöhe– unbezahlbar. Einfache und magische Momente voller Gemeinsamkeit sind mir die liebsten.

Meine Introversion und die Freundschaft

Schon während meiner Jugend ist mir aufgefallen, dass andere Menschen immer viel mehr Freundschaften hatten als ich. Dieser Umstand hat mich immer sehr zum Grübeln gebracht. Damals wusste ich noch nicht, dass ich ein introvertierter Mensch bin und andere Arten der Freundschaft benötigte. Anders zu sein, hat mich damals sehr heruntergezogen.

Jetzt bin ich erwachsen und älter. Wie sieht es mit den Freundschaften heute aus? Ich habe einige Bekanntschaften — die gehören zum Job dazu ;-)– und auch ein starkes Netzwerk, das aus vielen verschiedenen Menschen besteht und die meine Art des Andersseins schätzen — oder zumindest wissen, wie sie damit umgehen müssen :-D. Daneben habe ich eine Handvoll Menschen, die ich als Freunde bezeichne, denen ich Dinge anvertrauen kann und die mir den Kopf waschen, wenn ich mal wieder zu lange und zu sehr in Selbstzweifeln versinke.

Vielleicht wirst du dich jetzt fragen: Woran liegt’s, dass ich nur so wenige Freunde habe? Auch das hat mehrere Gründe:

Ich treffe weniger Menschen. Oder lass es mich umformulieren — denn ich netzwerke für meine Verhältnisse viel: Bevor ich auf Veranstaltungen gehe, informiere ich mich darüber, welchen Menschen ich dort begegnen werde. Dann mache ich einen Schlachtplan, bitte vielleicht auch um ein Treffen oder einen Gesprächstermin und versuche mein Glück. Ohne Plan oder Alternativen gehe ich nie aus dem Haus. Ansonsten meide ich diverse Gruppierungen bewusst, weil ich weiß, dass ich nichts beisteuern kann, mir die Menschen zu oberflächlich sind oder ich einfach instinktiv merke, dass das in der jeweiligen Konstellation nicht funktionieren kann.
Für Freundschaften benötige ich Zeit. In der Regel nutze ich diese auch gerne und intensiv. Denn nur im Lauf der Zeit kann ich einschätzen, ob ich meinen Mitmenschen in die Kategorie “FreundIn” packen kann. Mit Vertrauen tue ich mir schwer. Auch deswegen benötige ich etwas Extrazeit, um mit den Mitmenschen warmzuwerden. Meine zurückhaltende Art kommt natürlich nicht bei jedem Menschen an. Dennoch ist sie mir manchmal ein Klotz am Bein. Vor allem dann, wenn ich liebend gerne, einen wichtigen Menschen ansprechen möchte, mich aber nicht traue.
Qualität geht für mich als introvertierter Mensch vor Quantität. Das heißt, ich bevorzuge tiefe Freundschaften. Die Menge an Freunden spielen für mich also keine oder eine untergeordnete Rolle.

Ich setze aber nicht nur auf diese Freundschaften. Es gibt Freundschaften, bei denen ich die Menschen äußerst selten oder nur zu bestimmten Begebenheiten treffe. In diesem Rahmen weiß ich, dass man nur wenig Zeit miteinander hat. Die kurze Zeit versuche ich “gewinnbringend” zu nutzen. Ich habe einfach Spaß mit meinen Mitmenschen und lege Wert auf Austausch. Meine Batterien kann ich die Tage danach im stillen Kämmerlein wieder aufladen. ;-)

Was Familie für mich als Introvertierte bedeutet

In meiner Kindheit war ich eher ein stilles Kind. Mein älterer Bruder war/ist das glatte extrovertierte Gegenteil. Die Kommunikation war mit ihm generell einfacher. Mit meinem Vater kam ich immer gut zurecht, da er auch eher ein stiller, besonnener und ruhiger Mensch war/ist. Meine Mutter war zwar das komplette Gegenstück, besaß/besitzt aber sehr viel Feinfühligkeit für andere Menschen.

Die einzigen Reibungen entstanden, wenn ich lieber Zeit mit mir selbst, meinen Büchern und Spielen verbringen wollte. Mit anderen Kindern zu spielen, war für mich damals okay. Ich lud gerne zum Tee ein, deckte mehrere Kartons mit einer schönen Decke, nutzte ab und zu das Teeservice meiner Mutter und backte frischen Kuchen. Eine schöne Erinnerung — auch, wenn es viele meiner gleichaltrigen Zeitgenossen es manchmal nicht verstanden und mich damit aufzogen. Diese Tradition habe ich mir aber trotzdem erhalten. Es nach wie vor meine Art und Weise, bestimmten Mitmenschen gegenüber meine Wertschätzung für sie auszudrücken.

Meine Eltern freuten sich immer darüber, wenn ich mit dem oben beschrieben Elan an meine Playdates heranging.

Meine Pubertät war schon etwas abwechslungsreicher, da sich während dieser Zeit immer mehr abzeichnete, dass ich einfach anders war als meine Mitschüler. Ich leugne nicht, dass es einige Tiefpunkte und negative Erfahrungen gab. Diese konnte ich aber gemeinsam mit meiner Familie meistern. Und ich denke, sie haben mich und meine Eltern auf vielen Gebieten enger zusammengeschweißt und wir haben mehr Respekt voreinander.

Vorwärts zu schauen und die wenige Zeit, die mir mit meinen Eltern noch bleibt, verbringe ich daher auch lieber damit, weitere neue positive Erinnerungen mit ihnen zu sammeln. Und das läuft bestens! Trotz oder gerade wegen meiner Introversion.

Ich, meine Introversion und mein Partner: (K)ein bißchen kompliziert

Trotz Introversion und gesellschaftlicher Klischees habe ich meinen Partner fürs Leben gefunden. Es hat zwar etwas Zeit gebraucht, aber die Wartezeit hat sich gelohnt. :-D

Das Witzige: Christian ist das glatte Gegenteil von mir — er zählt eher zu den extrovertierten Menschen. Mit einem Klischee kann ich also aufräumen: Ich komme nicht nur mit Gleichgesinnten klar. Eine gesunde Beziehung lässt sich auch mit einem Extrovertierten führen.

Im Rahmen dieser Partnerschaft sind die folgenden Merkmale und Gegebenheiten nicht selten — ich muss ja ein wenig dem Introvertierten-Klischee gerecht werden ;-) :

Ich teile gerne meine Einsamkeit mit meinem Partner. Denn hier bekommt er meine volle Aufmerksamkeit — und dafür nutze ich oft und gerne meine ganze Energie. Außerdem gibt es kaum etwas Schöneres als gemeinsam nichts zu tun.
Mir ist aber auch wichtig, dass genügend Freiräume für beide Parteien vorhanden sind. Zeit mit sich selbst zu verbringen, ist wichtig zur persönlichen Reflektion. Und arbeiten müssen wir beide ja auch.
Gleichzeitig würde mein Partner niemals von mir verlangen, etwas zu tun oder zu sein, was meinem introvertierten Wesen nicht entspricht. Angenehm, da ich als introvertiertes Wesen ungern meine Gewohnheiten oder Wertvorstellungen über den Haufen werfe. Neue Gewohnheiten gemeinsam zu entwickeln macht aber einen riesen Spaß. :-D
Ich darf auch mal nichts sagen und schweigen. Für viele mag diese Stille unangenehm sein, für mich ist sie das nicht. Diese Momente mit Christian zu teilen ist genauso schön, die Einsamkeit mit ihm zu teilen. Wir kommen in diesen Momenten zur Ruhe und genießen einfach nur das Zusammensein.

So viel zu meiner Sicht der Dinge.

Christian, wie siehst du das denn so?

Erstaunlicherweise ganz ähnlich — nur aus der extrovertierten Perspektive :-). Was ein wenig hilft: Trotz meiner Rampensau-Facette, die ich echt nicht verleugnen kann, steckt in mir ein kleiner Introvertierter. Unter Menschen zu sein gibt mir Energie — bis zu einem gewissen Punkt.

Danach brauche ich Ruhe und Luft und genau diese Momente versteht Steffi wunderbar. Oft sind keine Worte nötig und wir beide merken, wenn Ruhe und Schweigen dran sind.

Ist es leicht mit einem introvertierten Menschen zusammen zu sein?

Jaien. :-) Am Anfang war es für mich schwer, Stille und Schweigen als wertvolle gemeinsame Zeit zu erleben. Das hat einige Gespräche und noch mehr Erklärung gebraucht, bis ich verstanden habe, wie wichtig und wertvoll das ist. Da ich gerne viel rede, das überrascht vermutlich genau niemanden, war das Klappe halten nicht ganz einfach.

Inzwischen schätze ich das, wie oben beschriebene, allerdings sehr. Auch wenn ich manchmal, vor allem wenn ich selbst im Rede- und Tun-Modus bin, Schweigen immer noch als Zeichen von Problemen werte. Glücklicherweise liege ich damit in 99% der Fälle falsch. :-)

Um zur Frage zurückzukommen: Es ist nicht leicht, jedoch nicht immer einfach. Sowohl Steffi als auch ich sind komplizierte äh komplexe Menschen. Das macht manchmal auch das Zusammensein kompliziert. Dennoch, oder gerade deswegen, möchte ich keinen Moment missen. :-)

Hast du vielleicht ein paar Tipps für andere Paare mit einer ähnlichen Konstellation?

Kommuniziert miteinander! Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig das offene Gespräch miteinander ist. Kommuniziert im Zweifel zu viel, erklärt einmal mehr als ihr für notwendig haltet.

Fragt nach, wenn ihr nicht sicher seid, was los ist. Respektiert jedoch auch, wenn eure Partner oder eure Partnerin gerade Ruhe braucht und (noch) nicht reden will. Nicht immer einfach, doch eine gesunde Beziehung ist es wert.

Ich, die Introversion und die Liebe: Was bleibt ist die Zufriedenheit

Mein Leben ist von viel auf und ab geprägt. Umso wichtiger sind für mich daher meine engen Beziehungen, die ich mit meiner Familie, meinen Freunden und meinem Partner teilen darf.

Ich habe es ihnen allen zu verdanken, dass ich jetzt da bin, wo ich bin und ich mich so gut und befreit entfalten kann/konnte.

Liebe, Zuneigung, Partnerschaft und Freundschaft, sollte man nicht nur am Valentinstag zum Ausdruck bringen. Gerade im Alltag kannst du vielen eine Freude machen, wenn du dich bei ihnen bedankst, ihnen eine Aufmerksamkeit machst oder einfach nur Zeit mit ihnen verbringst.

Warum nicht gleich damit anfangen? Im Vergleich zum Alter der Erde, ist unser Leben nur ein Wimpernschlag. Diesen Augenblick verbringe ich lieber zufrieden unter Gleichgesinnten und lieben Menschen. Du doch auch, oder?

Bildquelle:

Stephanie Kowalski