Interview über Introversion und Selbstständigkeit

Selbstständigkeit setzt Extroversion voraus? Nein.

Selbstständigkeit setzt Extroversion voraus? Nein.

Selbstständigkeit setzt Extroversion voraus? Nein. Auch Introvertierte können erfolgreich sein – wie beispielsweise Simone Maader.

Wer erfolgreich sein will, muss laut sein. Dieses Klischee haben wir bereits in mehreren Beiträgen erfolgreich widerlegt. Doch der Mythos, dass du nur mit einer vermeidlich extrovertierten Haltung in der Selbstständigkeit gesehen und gebucht wirst, hält sich weiterhin hartnäckig.

An dieser Stelle rollen du und ich einmal mit den Augen:

Glaube nicht alles, was du in den Medien oder von extrovertierten Business-Kaspern (ja, auch die aus der YouTube-Werbung) liest oder siehst. Es gibt so viele wunderbare, introvertierte Menschen, die als Selbstständige und Freiberufler sichtbar sind. Nimm dir diese gerne als Vorbild, lerne von ihnen und werde vielleicht selbst in diesem Umfeld aktiv.

Du kennst keinen dieser Menschen? Dann stelle ich dir gerne im Folgenden solch eine Selbstständige vor.

Ich habe ein Interview mit Simone Maader geführt. Sie hat ein wenig Ahnung von Selbstständigkeit und Introversion – auch, wenn sie sich selbst mit diesem Label nicht versehen würde. ;-)

Viel Spaß beim Lesen!

Interviewpartnerin:
Simone Maader | Simone Maader Kommunikation

Moin!

Simone Maader ist Content-Expertin mit Schwerpunkt Text. Sie hilft Selbstständigen und Unternehmen mit erklärungsbedürftigem Angebot dabei, im Netz gesehen, gehört und verstanden zu werden. Ihr Heimathafen ist Hamburg, hier lebt Sie mit Mann, Hund und zwei Teenagern. 

Wie ich Simone kennengelernt habe? Auf eine ähnliche Art und Weise, wie ich die meisten Menschen aus meinem Netzwerk kennengelernt habe: via Twitter. Daraus wurden Gespräche auf anderen Kanälen. Man traf sich auf einen digitalen Kaffee sowie auf der einen oder anderen Veranstaltung. Irgendwann fragte ich Simone nach einem Interview. Und jetzt sind wir hier. ;-)

Würdest du dich selbst als introvertiert bezeichnen?

Ich bin keine Freundin von Labels, aber ich vermute, wir brauchen immer irgendwelche Schubladen, um Menschen einzuordnen. Von daher: Ich würde schon sagen, dass ich nach gängiger Definition introvertiert bin. Termine oder Veranstaltungen mit vielen Menschen rauben mir z. B. relativ viel Energie. Danach brauche ich vergleichsweise viel Zeit allein, um meine Akkus aufzuladen. Ich bin insgesamt mehr mit meiner Innenwelt beschäftigt und weniger die, die auf dem Tisch tanzt und Party für alle macht.

Dazu kommt, dass ich wohl auch in die Kategorie „hochsensibel“ falle. Ich nehme um mich herum extrem viel wahr, das anderen gar nicht auffällt. Emotionen, aber auch einfach das, was in meiner Umwelt passiert. Und ganz extrem ist mein Gehör. Ich höre sprichwörtlich das Gras wachsen. Zum Glück lässt sich mit modernen ANC-Kopfhörern die Welt gut dämpfen oder ausblenden. Aber auch Besuche in Cafés etc. sind eine Herausforderung: Ich höre komplett ungefiltert jedes Gespräch um mich herum mit und muss mich sehr konzentrieren, um bei meinen Gesprächspartner*innen zu bleiben.

Ich bin keine Freundin von Labels, aber ich vermute, wir brauchen immer irgendwelche Schubladen, um Menschen einzuordnen. Von daher: Ich würde schon sagen, dass ich nach gängiger Definition introvertiert bin.
— Simone Maader

Gibt es Stärken oder Schwächen, die du als introvertierter Mensch besonders schätzt?

Ich persönlich mag Gespräche, die in die Tiefe gehen. Das ist sicherlich eine Stärke von Introvertierten, denn wir können oft sehr gut zuhören.

Auch feine Antennen für seine Mitmenschen zu haben, empfinde ich als Geschenk.

Und Selbstreflexion ist aus meiner Sicht eine Stärke. Introvertierte scheinen oft eine gewisse Ruhe und Klarheit auszustrahlen. Ich vermute, dass das durch die Selbstreflexion entsteht.

Warum hast du dich selbstständig gemacht?

Mein alter Beruf als Journalistin beim NDR ließ sich einfach nicht mehr mit meinem Familienleben vereinbaren. Als mein erstes Kind geboren wurde, hatten wir hier in Hamburg keine familiäre Unterstützung und mein Mann hatte einen Agenturjob, der wenig flexibel war.

2006 gab es weder Elterngeld, noch Väter, die in Elternzeit gegangen wären. Heute kaum vorstellbar … Eine andere Mutter hat mich eines Tages spontan als freie Texterin engagiert. So nahm meine Selbstständigkeit im Content-Marketing seinen Lauf – und den Vertrag beim Radio habe ich dann gekündigt. 

Klappt für dich die Kombination aus Selbst-ständigkeit und Introversion?

Ja, das ist perfekt. Ich arbeite überwiegend im Homeoffice – und zwar schon von Anfang an. Tagsüber bin ich hier allein und habe meine Ruhe beim Arbeiten.

Ein Großraumbüro wäre für mich purer Horror. Ich brauche möglichst Stille, um mich zu konzentrieren und kreativ arbeiten zu können. 

Was hältst du persönlich von dieser Aussage?

Es herrscht das Klischee. dass als erfolgreiche/r Selbstständige/r möglichst aus sich heraus gehen/extrovertiert sein muss. 

Gar nichts. Manchmal frage ich mich zwar auch, ob ich vielleicht mehr Konfetti werfen und lauter sein müsste. Die Extrovertierten nehmen online und offline schon sehr viel Raum ein. Zeitweise nervt mich das. Auf der anderen Seite weiß ich, dass es sehr viele eher stille Menschen gibt, die das Laute und Extrovertierte als anstrengend empfinden. Auf jeden Topf passt ein Deckel. Deshalb können auch Introvertierte erfolgreich selbstständig sein. 

Manchmal dauert es vielleicht einen Hauch länger, aber es lohnt sich, dranzubleiben und sich treu zu sein. Gerade das digitale Marketing über Blogs oder Podcasts und Social Media macht es Introvertierten heute leichter. Und man darf auch nicht vergessen: Introversion ist nicht gleichbedeutend mit Schüchternheit. 

Ich kenne ganz tolle introvertierte Trainer oder Coaches, die auf großen Bühnen Vorträge halten, Seminare geben und gut netzwerken können. Von Schüchternheit keine Spur. Aber die sind nach so einem Tag abends dann eben platt, während die Extrovertierten Energie aufgesagt haben und dann noch Halligalli machen können.

Introvertierte können auch erfolgreich selbstständig sein.  Manchmal dauert es vielleicht einen Hauch länger, aber es lohnt sich, dranzubleiben und sich treu zu sein.
— Simone Maader

Wenn du dich an deine Anfänge als Selbstständige zurückerinnerst, was hättest du gerne vorher gewusst?

Am besten nichts. Ohne Witz: Ich bin ins kalte Wasser gesprungen und wenn ich vorher gewusst hätte, wie kalt es ist, wäre ich vielleicht gar nicht erst zum Startblock gegangen.

Es gibt so viele nervige, bürokratische Hindernisse und komplizierte Vorgänge in Deutschland, dass man sich manchmal fragt, ob Selbstständigkeit hier überhaupt erwünscht ist. 

Hast du drei Tipps für Introvertierte, die sich gerne selbstständig machen wollen?

Na klar:

  1. Lass dich nicht von den extrovertierten, lauten Menschen da draußen irritieren. Du wirst die Menschen finden, die zu dir, deiner Art und zu deinem Business passen.

  2. Nimm dir Pausen, wenn du sie brauchst. Den Akku vom Smartphone laden wir ständig auf, unseren eigenen vergessen wir manchmal.

  3. Nutz die digitalen Möglichkeiten und bau dir online ein Netzwerk auf. Das trägt dich auch durch schlechte Zeiten. 

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