Introvertierte Menschen: Die unbekannten Wesen?!
Das typische Bild, das sich Menschen von Introvertierten machen, sieht in etwa so aus: Jemand, der selten auffällt, sich an Diskussionsrunden kaum beteiligt und eher einen zurückgezogenen Eindruck macht. Aber warum besteht das Bild von Introvertierten stets aus negativen Eindrücken? Menschen neigen leider oft dazu, ihre Meinungen oberflächlich zu bilden. So wird eine ruhige und zurückhaltende Haltung gleich als gefühlskalt und desinteressiert ausgelegt. Schade. Auch wenn wir in einer für Extrovertierte optimalen Welt leben, sollte viel öfter ein Blick hinter die Fassade eines Introvertierten gewagt werden. Denn hier steckt Potenzial und es gibt genügend Gründe, warum introvertierte Menschen genau so gute Arbeit leisten wie ihr extrovertiertes Pendant.
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Vorurteile über Introvertierte
Introvertierte Menschen müssen sich mit einer Reihe von Missverständnissen herumschlagen. Viele ihrer Eigenschaften fördern falsche Interpretationen, statt diesen entgegenzuwirken. Wie in vielen Dingen des Lebens steckt hinter einem Verhalten oft aber weitaus mehr. Es reicht also nicht, nur die Oberfläche anzuschauen.
Anbei die 5 größten Vorurteile gegenüber introvertierten Menschen:
Introvertierte sind schüchtern: Schüchternheit und Introversion werden gerne synonym verwendet. Dabei haben sie wenig miteinander zu tun. Unter Schüchternheit versteht man die Ängstlichkeit eines Menschen beim Anknüpfen zwischenmenschlicher Beziehungen. Introversion beschränkt sich nicht auf soziale Komponenten, sondern ist eine Präferenz für die innere Welt.
Introvertierte reden nicht gerne: Ja, man tut sich schwer mit Small Talk. Und man redet nicht gerne über Dinge, mit denen man sich nicht auskennt. Es sieht aber anders aus, wenn Introvertierte über Themen reden, die sie interessieren. Solche Gespräche können dann durchaus länger andauern — vor allem mit Freunden.
Introvertierte sind passiv: Man hält sich in Gruppen meist zurück und überlässt anderen das Wort. Introvertierte wirken in solchen Fällen nach außen hin verschlossen, selbst wenn sie aktiv werden möchten. Gutes Beispiel: Meetings. Es kommt aber immer auf die Ausgangssituation an und in welcher Rolle man an dem Gespräch teilnimmt. In der richtigen Rolle wirkt man zielorientiert und sagt das, was man zu sagen hat.
Introvertierte sind unfreundlich: Durch eine zurückhaltende Art werden Introvertierte als unfreundlich oder unhöflich wahrgenommen. Das liegt daran, dass sie gerne schnell zum Thema kommen und auf Small Talk und Höflichkeitsfloskeln verzichten. Das hat nichts mit Unfreundlichkeit zu tun, man möchte nur unangenehme Situationen vermeiden.
Introvertierte sind unsozial: Ja, man braucht viel Zeit für sich allein und ist oft mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Das bedeutet aber nicht, dass Introvertierte keine Menschen mögen. Man hat einfach nur einen viel kleineren Freundeskreis, denn es wird genau darauf geachtet, mit wem man seine Zeit verbringt.
Was es bedeutet, ein introvertierter Mensch zu sein
Bereits an den Vorurteilen lässt sich erkennen, dass der Begriff „Introversion“ in vielen Fällen falsch verstanden wird: Man denkt an schüchterne, ängstliche und verschlossene Menschen.
„Introversion“ ist das Gegenteil zur Extraversion. Introvertierte Menschen wenden ihre Aufmerksamkeit und Energie stärker auf ihr Innenleben.
Laut Jennifer B. Kahnweiler …
… denken Introvertierte erst und sprechen später.
… fokussieren sie sich auf Tiefe. Gründliche Analysen und tief gehende Gespräche zu führen, steht für sie eher im Mittelpunkt.
… strahlen introvertierte Menschen besonders in Krisen Ruhe aus. Auch in solchen Situationen bleiben sie gründlich und gewissenhaft.
… bevorzugen sie das geschriebene Wort statt dem gesprochenen. Schrift hilft dabei, Gedanken exakter zu formulieren.
… mögen Introvertierte die Einsamkeit. Allerdings nicht dauerhaft. Aber solche Auszeiten helfen, Energie aufzuladen, Klarheit zu schaffen und Gedanken zu verarbeiten.
Ich glaube nicht, dass diese Eigenschaften im Job ein Handicap bedeuten. Ja, man ist nach innen gerichtet und interpretiert die Umwelt durch die eigenen Gedanken. Das Einzige, das darunter leiden kann, ist das Entscheidungstempo.
Positive Eigenschaften introvertierter Menschen
Man mag es kaum glauben, aber introvertierte Menschen besitzen auch Eigenschaften, die fürs Leben und den Job positiv sind.
Introvertierte können gut zuhören
Zu einer guten Unterhaltung gehören immer zwei Parteien: Einen Sender und einen Empfänger. Heutzutage ist es normal, sich auch in Small Talks übertreffen zu wollen. Verständlich: Jeder redet gerne über sich selbst. Anders bei Introvertierten: Sie sind hervorragende Zuhörer. Nicht nur Abnicker, sondern Gesprächsteilnehmer, die ihr Gegenüber verstehen wollen.
Introvertierte können sich gut in andere Leute hineinversetzen
Aufgrund ihrer Beobachtungsgabe können sich introvertierte Menschen gut in andere Leute hineinversetzen. Da sie ihre Emotionen für sich behalten, sind ihre Beobachtungen stets sachlich und nüchtern. Gefühlsausbrüche sind bei Introvertierten nicht an der Tagesordnung. Ein Vorteil in der so schnelllebigen Bürowelt.
Introvertierte können gut planen
Planung ist introvertierten Menschen besonders wichtig. Denn Chaos ist ihr Erzfeind. Mit Ordnung können sie besser denken, leben und arbeiten. Auch optimale Teamarbeit setzt sich zusammen aus einer gesunden Mischung von Chaos und Planung.
Introvertierte sind verantwortungsbewusst
Dinge, die der Introvertierte verspricht, hält er auch. Und so lässt er seinen Worten Taten folgen. Aus diesem Grund erledigen introvertierte Menschen ihre Aufgaben gewissenhaft. Man kann sich auf Introvertierte verlassen, besonders dann, wenn sie ein Versprechen gegeben haben.
Introvertierte sind konstruktive Kritiker
Kritik kann eigentlich niemand leiden. Insbesondere dann, wenn sie nicht konstruktiv sind. Introvertierte Menschen hinterfragen vor allem die neuen Dinge. Nicht aus der Angst vor allem Neuen, sondern um sie auf Herz und Nieren zu prüfen. Damit soll die Neuerung besser gemacht werden — und nicht kaputt.
Die Auseinandersetzung mit Introvertierten: Wer hinter die Fassade blickt, entdeckt unter Umständen eine interessante Persönlichkeit.
Zeichen dafür, dass du ein introvertierter Mensch bist
Introvertierte haben viele Vorteile gegenüber extrovertierten Menschen. Doch woran kann man erkennen, dass man ein introvertierter Mensch ist?
Unter anderem an folgenden Merkmalen:
Die Nähe von Menschen frisst Energie: Du fühlst dich erschöpft, nachdem du Zeit mit vielen Menschen verbracht hast? Musst du dich nach solchen Tagen zurückziehen und Energie tanken?
Einsamkeit ist ein Genuss: Die Vorstellung einen ruhigen Nachmittag alleine zu verbringen, Hobbies und Interessen nachzugehen, bereitet dir kein Unbehagen?
Eine kleine Gruppe enger Freunde: Es muss nicht immer die Quantität über die Qualität deines Freundeskreis entscheiden. Manchmal ist weniger einfach mehr (und besser).
Ein ruhiger Mensch, den man nicht einfach kennenlernen kann: Du bist ruhig, zurückhaltend und wirst manchmal als schüchtern betrachtet? Für manche Menschen eine Herausforderung. Vor allem beim ersten Kennenlernen.
Zu viel Stimulation lenkt ab: Du wirst unkonzentriert und fühlst dich überfordert, sobald du Zeit in einer hektischen Umgebung verbringst?
Sehr selbstbewusst sein: Du verbringst sehr viel Zeit in dir selbst un beschäftigst dich mit deinen eigenen Erfahrungen?
Lernen durch Zuschauen: Bevorzugst du Lernen durch Beobachtung oder packst du gerne an?
Unabhängigkeit im Job: Stellenangebote, die viel soziales Miteinander erfordern, schrecken dich ab?
Erfolgreiche, introvertierte Persönlichkeiten
Jetzt weißt du, ob du in etwa, ob du ein introvertierter oder extrovertierter Mensch bist. Aber was wäre man als — introvertierter — Mensch ohne entsprechende Vorbilder? Hättest du gedacht, dass die folgenden Menschen introvertiert sind?
Meryl Streep — Die Schauspielerin ist eine der erfolgreichsten Filmdarstellerinnen der Welt.
Warren Buffett — Einer der bekanntesten US-amerikanischen Großinvestoren, Unternehmer und Mäzen.
Bill Gates — Der zweitreichste Mensch der Welt und Gründer der Firma Microsoft.
Rosa Parks — Die US-amerikanische Bürgerrechtlerin löste zusammen mit dem Fall Emmett Till den Anfang der schwarzen Bürgerrechtsbewegung aus.
Albert Einstein — Der wohl bedeutendste theoretische Physiker der (bisherigen) Wissenschaftsgeschichte.
Introvertierte Menschen und der Erfolg im Arbeitsleben
Introvertierte Menschen drängen sich nicht in den Mittelpunkt. Ihre Aufgaben erledigen sie ohne großes Gerede. Da sie auf Lobgesang verzichten, könnte es so wirken, als ob sie weniger Erfolg ernten als Extrovertierte.
Doch ein genauer Blick verrät das Gegenteil: Introvertierte Menschen arbeiten immer konzentriert und lassen sich nicht zu einer Entscheidung drängen. Sie sind sich ihrer Schwächen bewusst und damit auch ihrer Stärken. Da sie meist einen konkreten und wohl überlegten Plan haben, können sie ihre Ziele klarer vor Augen haben.
Diese Arbeitsweise macht Introvertierte zu starken Mitarbeitern und sind ebenso wie Extrovertierte ein Gewinn für jedes Unternehmen. Man muss nur wissen, wie sie zu lesen sind und mit ihnen umzugehen ist.
Bildquelle:
Titelbild ©️ Syda_Productions via depositphotos.com